Re: Nun endlich!!

Geschrieben von Anna am 6. November 2011, 11:41
Als Antwort auf: Nun endlich!! geschrieben von Andrea

Liebe Andrea,
das ist ein wunderbarer Bericht und man kann lesen dass es euch beiden gut geht, da bin ich sehr froh für euch! Vielen Dank für deine Mühe uns das alles zu schreiben. Ich glaube, dass ist wirklich der richtige Weg für euch! Und mit noch etwas Gottvertrauen wird es ein gutes Ende nehmen.
Liebe Grüsse
Anna (PS: ja mich gibts auch noch, einfach keine Neuigkeiten die man hier schreiben könnte, aber uns gehts gut auch mit dem KiWu :-) )


> Hallo ihr Lieben!
> Nun endlich finde ich die Zeit, euch von unserem Adoptionsweg zu berichten.
> Ich habe schon ein total schlechtes Gewissen, weil ich es schon vor Wochen
> angekündigt habe, aber ich hatte die letzten Wochen eine berufliche
> Doppelbelastung und habe einfach nichts mehr nebenbei auf die Reihe
> bekommen. Nun wird es wieder etwas ruhiger und ich berichte ein wenig für
> die, die interessiert sind.
>
> Ok, ich weiss gar nicht, wie ich anfangen soll, weil mittlerweile schon so
> viel passiert ist und ich momentan in Sache: Adoption total neben mir
> stehe. Aber dazu erzähle ich später etwas.
> Vielleicht versuche ich einfach von vorne anzufangen:
>
> Wir haben uns Anfang diesen Jahres für eine Adoption entschieden und da für
> uns von Anfang an nur eine Auslandsadoption in Frage kam, haben wir uns
> erstmal nicht ans Jugendamt, sondern direkt an die zuständigen
> Vermittlungsstellen gewandt. Es ist so, dass man eine Auslandsadoption nur
> mit Hilfe einer Vermittlungsstelle durchführen kann. Es gibt in Deutschland
> 11 Vermittlungsstellen und jede Vermittlungsstelle ist für verschiedene
> Länder zuständig. Wir hatten also ein Infogespräch bei „Eltern für Afrika“
> in Augsburg (zuständig für die Länder Äthiopien, Kenia und Mali) und bei
> „AdA“ in München (zuständig für Kolumbien und Chile). Bei „AdA“
> interessierten wir uns für Kolumbien; nach dem Gespräch war aber gleich
> klar, dass es für uns nicht in Frage kommt, weil die Wartezeit dort 5 Jahre
> beträgt und wir ein 4-jähriges Kind bekommen hätten. Bei „Eltern für
> Afrika“ beträgt die Wartezeit etwa 20 Monate und wir bekommen noch einen
> Säugling. Außerdem war Afrika schon immer mein „Favorit“ (ich habe seit 6
> Jahren ein Patenkind in Kenia über „Plan International“ und dadurch etwas
> Kontakt zu diesem Land). Also sind wir bei „Eltern für Afrika“ gelandet und
> haben uns nach dem Erstseminar im Februar 2011 dazu entschlossen, dort
> einen Vertrag für eine Adoption in Äthiopien zu unterschreiben. Eigentlich
> hätten wir lieber aus Kenia adoptiert, aber die Bedingungen sind dort sehr
> viel anspruchsvoller (man muss etwa 7 – 9 Monate im Land leben) und wir
> haben uns das nicht zugetraut.
>
> Kleiner Zwischenhinweis: Wer sich von euch für Auslandsadoption
> interessiert und sich über die Bedingungen in den verschiedenen Ländern,
> Voraussetzungen und alles andere genauer informieren möchte, dem empfehle
> ich das Buch: Ratgeber Auslandsadoption von Herbert Riedle. Das hat mir am
> Anfang sehr geholfen, überhaupt mal einen Überblick zu bekommen. Dasselbe
> Buch gibt es auch für Inlandsadoption.
>
> So, wir haben uns dann im März auf den Weg zum Jugendamt gemacht. Beim
> Jugendamt wird der Sozialbericht erstellt, der dich, wenn er denn positiv
> ausfällt, als geeigneter Adoptivelternbewerber ausweist. Dieser muss
> zuallererst erstellt werden.
> Hierbei wird wirklich alles durchleuchtet und besprochen: eigene Kindheit,
> Erziehung und Familiengeschichte, deine Beziehung zum Partner, Beruf,
> Alltags- und Freizeitgestaltung, Kinderwunschweg, finanzielle Verhältnisse,
> Wohnverhältnisse, deine eigenen Erziehungsvorstellungen, Möglichkeiten und
> Grenzen…
> Es finden mehrere Gespräche und ein Hausbesuch statt; bei uns allerdings
> blieb es erstmal bei einem Gespräch.
> Im April nämlich haben wir sehr beunruhigende Nachrichten aus Äthiopien
> gehört: Es gab in einem Adoptionsfall in die USA diverse Ungereimtheiten
> (genau weiß leider keiner, was genau vorgefallen ist) und die äthiopischen
> Behörden beschlossen, die Adoptionen ins Ausland drastisch um 90 Prozent zu
> reduzieren. Ich war sehr beunruhigt, nicht nur, weil bei dieser Reduktion
> um 90 Prozent sich die Wartezeit wohl enorm verlängert, vor allen Dingen
> machte mir Sorgen, dass hier unklare Dinge passieren.
> Nach einigen Gesprächen mit „Eltern für Afrika“ haben wir uns dann
> entschieden, doch den aufwendigen Weg einer Adoption in Kenia zu gehen. Wie
> schon oben erwähnt, war dies eigentlich schon immer unser Wunsch, weil
> dieser Weg für das Kind sehr angenehm und wertvoll ist. In Kenia ist es
> Pflicht, drei Monate das Kind in Pflege zu nehmen, bevor überhaupt der
> Adoptionsantrag gestellt wird. Während dieser Zeit muss man natürlich im
> Land bleiben und wird öfters von der Adoptionsbehörde besucht. Danach
> beginnt das Adoptionsverfahren, das etwa 4 – 6 Monate dauert. Man wird also
> insgesamt etwa 7 – 9 Monate in Kenia sein. Aufgrund dieses aufwändigen
> Verfahrens finden in Kenia nur wenige Adoptionen statt; außerdem ist Kenia
> dem Haager Übereinkommen beigetreten und die Verfahren werden sehr
> sorgfältig überprüft.
> Dieses Verfahren ist deswegen so wertvoll, weil das Kind sehr langsam aus
> seiner vertrauten Umgebung herausgenommen wird und sich an uns gewöhnen
> kann, während es die gleichen Gerüche, die gleiche Sprache, das gleiche
> Klima usw. um sich hat. Außerdem ist es bei einer Adoption sehr wichtig,
> dass man die ersten 4 Monate sehr eng und möglichst allein mit dem Kind
> verbringt, damit eine sichere Bindung zwischen Eltern und Kind entstehen
> kann. Ich möchte euch nun nicht volltexten, aber die Bindung ist das
> zentrale Thema einer Adoption, gerade bei Findelkindern, die verlassen
> wurden und kein Urvertrauen entwickeln konnten. Wir hoffen von ganzem
> Herzen, dass es uns gelingt, mit diesem Kind eine sichere Bindung
> aufzubauen und finden diese Art der Adoption auch deswegen sehr bereichernd
> für alle Beteiligten. Mein Mann wird die ersten drei Monate Elternzeit
> nehmen und so können wir diese Zeit gemeinsam in Kenia verbringen. Danach
> wird er regelmäßig zu den drei Gerichtsterminen anwesend sein.
> Für uns war außerdem sehr wichtig, das Land, aus dem unser Kind kommt,
> kennen zu lernen und ich hoffe, wir haben in den 8 Monaten die Chance, viel
> zu erfahren und zu erleben, was uns diesem Land näher bringt. Für das Kind
> wird dieses Land immer sein Geburtsland bleiben, sein Heimatland und es
> wird immer einen großen Raum in unserem zukünftigen Leben einnehmen. Ich
> freue mich darauf, das Land meines Kindes zu erleben!!
>
> Ok, unser Weg ging nach dem Länderwechsel also etwas anders weiter als
> geplant. Die Erstellung des Sozialberichts dauert bei unserem Jugendamt
> etwa ein Jahr. Bei einer Adoption in Kenia ist es so, dass die Adoption
> beginnen kann sobald alle Papiere gesammelt sind. Nun war uns ein Jahr zur
> Erstellung des Sozialberichtes natürlich zu lang und wir entschieden in
> Absprache mit dem Jugendamt, den Bericht bei „Eltern für Afrika“ erstellen
> zu lassen. Das ist ebenso möglich und wir hatten sehr schöne und
> bereichernde Gespräche mit Frau Marz von der Vermittlungsstelle. Und nun,
> hurra!!!!!!, hatten wir am Montag das letzte Gespräch und der Sozialbericht
> wird nun erstellt. Laut ihrer Aussage wird darin nur Positives zu finden
> sein und wir sind nun anerkannte Adoptivbewerber. Juchu!!!!
>
> Eigentlich ein Grund, sich nun einfach nur zu freuen; leider aber ist die
> Lage in Kenia ja momentan sehr unruhig und wir befinden uns im Wechselbad
> der Gefühle. Sicher habt ihr mitbekommen, dass in Kenia 4 Touristen von
> somalischen Milizen entführt wurden und Kenia nun in Somalia einmarschiert
> ist. Die somalischen Rebellen kündigten Racheakte an und es bleibt uns nun,
> einfach abzuwarten, wie sich die Situation dort entwickelt.
> Außerdem hat Kenia eine neue Verfassung erstellt und da diese noch nicht
> endgültig ist, stehen im Moment alle Adoptionsverfahren (seit 4 Monaten).
> Das ist dann eben Afrika!!
> Das betrifft uns momentan noch nicht und kann nächstes Jahr wieder anders
> sein aber man muss eben mit allem rechnen.
>
> Wir haben für uns entschieden, nun einfach erstmal weiterzumachen und das
> bedeutet nun: Papiere sammeln, beglaubigen und übersetzen!!
> Für die, die es interessiert, schreibe ich mal auf, welche Papiere man in
> Kenia braucht:
> - diverse Fotos von uns, unserer Familie, Wohnung, Umfeld
> - eine persönliche Erklärung, in der wir uns vorstellen und erklären, wieso
> wir eine Adoption in Kenia anstreben, wie unsere Verhältnisse sind, unsere
> Erfahrung mit Kindern, was wir dem Kind bieten bzw. versprechen…
> - ein Formular vom Notar beglaubigt, dass wir alle Rechten und Pflichten
> wie leibliche Eltern übernehmen.
> - Geburtsurkunden
> - Fotokopie der Reisepässe
> - Heiratsurkunde
> - 2 Referenzschreiben von Familienangehörigen und Freunden, die erklären,
> wieso du geeignet bist als Adoptivbewerber.
> - 1 Referenzschreiben eines Pfarrers (Kenianer sind sehr religiös!!)
> - 1 Referenzschreiben einer etablierten Persönlichkeit (Anwalt, Arzt ….)
> - Gesundheitszeugnis
> - Arbeitsverträge
> - Einkommensnachweis
> - Erklärung, wer die Patenschaft des Kindes übernimmt und im Falle des
> Todes von uns beiden für das Kind sorgt.
> - Führungszeugnisse
> - Bescheinigung eines Elterntrainings
> - Auszug aus dem Grundbuch
>
> Das wird also unser Job in den nächsten Wochen sein, diese ganzen Papiere
> zusammen zu bekommen und wir hoffen von ganzem Herzen, dass sich
> mittlerweile die Lage in Kenia wieder etwas beruhigt. Deshalb stehen wir
> also gerade etwas neben uns.
>
>
> Nun habe ich unendlich viel und lang geschrieben; ich hoffe irgendjemand
> hat es überhaupt bis hier unten geschafft, aber es war der Weg fast eines
> ganzen Jahres und ich hätte noch viel, viel mehr schreiben können über die
> beiden Seminare, die wir besucht haben, bei denen wir uns mit Themen wie
> Bindung, Biografiearbeit, Rassismus….. beschäftigt haben oder über die
> wirklich bereichernden Gespräche zur Sozialberichterstellung und ich hätte
> euch auch gerne noch so viel von Afrika und der Situation der Kinder dort
> erzählt. Vielleicht mach ich das noch ein anderes Mal, fragt einfach, wenn
> es euch interessiert.
>
>
> Über eine Sache möchte ich aber gerne noch kurz schreiben: über die
> Veränderung, die bei uns in unserem Kinderwunschweg entstanden ist. Ich
> weiß nicht genau, wie ich dazu sagen soll; ich hoffe ihr versteht, was ich
> meine:
> Alles, was ich nun oben beschrieben habe, klingt wahnsinnig aufwendig,
> kompliziert, natürlich kostspielig und zeitintensiv. Man frägt sich: Eltern
> suchen Kind! Kind sucht Eltern! Wieso kann das nicht einfach leichter
> gehen? Auch für uns stellte sich diese Frage am Anfang und wir waren schon
> ab und zu frustriert und traurig. Im Laufe des Prozesses hat sich das
> geändert und wir empfanden diesen Weg bis hier als unheimlich bereichernd
> und wertvoll.
> Überhaupt hat sich unsere psychische Situation total verbessert. Ihr werdet
> es nicht glauben, aber ich weiß nicht mehr, wann mein Eisprung stattfindet;
> ich merke es erst, wenn meine Periode einsetzt und die kommt seit März
> regelmäßig alle 5 Wochen. Claudia, kannst du das glauben, dass meine
> Blutung regelmäßig und noch dazu in so kurzen Abständen kommt!!!!
>
> Ich möchte euch ein paar Beispiele nennen, die für uns diesen Weg wertvoll
> machen:
>
> - Es gibt so viele Kinder, die ohne Eltern aufwachsen müssen, gerade in
> Afrika haben diese Kinder später keine Chance ein menschenwürdiges Leben zu
> führen. Wir können wenigstens einem davon eine bessere Zukunft
> ermöglichen.
>
> - Wir lernen eine neue Kultur, neue Menschen kennen; wir können 8 Monate am
> afrikanischen Leben teilhaben.
>
> - Die Gespräche zum Sozialbericht waren so bereichernd für unsere
> Beziehung. Mein Mann und ich haben uns über so viele Dinge ausgetauscht,
> über die wir vielleicht nie gesprochen hätten. Unsere Beziehung hat sich in
> den letzten Monaten noch mal so gestärkt; ich bin so dankbar, diesen tollen
> Mann zu haben, mit dem ich diesen außergewöhnlichen Weg gehen darf.
>
> - Trotz, dass wir wissen, dass die Zeit in Kenia auch sehr schwierig werden
> wird, freuen wir uns so sehr darauf, drei Monate gemeinsam nur als kleine
> Familie verbringen zu dürfen. Wäre ich vor vielen Jahren schon schwanger
> geworden, hätten wir dieses Glück sicher nicht geschätzt und vermutlich
> wäre ich hauptsächlich alleine für die Erziehung zuständig gewesen. Nun ist
> dieses Thema für uns beide so wichtig, dass sogar mein Mann drei Monate
> Elternzeit nimmt und Familienzeit für uns oberste Priorität hat.
>
> - Und wir haben in dieser Zeit so viele tolle Menschen kennengelernt und zu
> unserem großen Glück wohnt ein Paar, mit dem wir uns super verstehen, im
> Nachbardorf.
>
> - Früher fanden Adoptionen in der Form statt, dass Eltern sich einfach im
> Kinderheim ein Kind ausgesucht haben. Nun ist es viel aufwändiger und das
> ist gut so. Es gibt einfach Dinge, die bei Adoptivkindern anders sind und
> die mit dem Kind aufgearbeitet werden müssen. Ich fühle mich gut
> vorbereitet auf diese Aufgabe, was früher in den meisten Fällen nicht so
> war und im schlimmsten Fall das Kind sogar irgendwann zufällig erfahren
> hat, dass es adoptiert ist. Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, wie
> es ist, wenn du deine Wurzeln nicht kennst?
>
> Es ist ein total anderer Weg, das muss ich dazu sagen: Dieses Kind wird
> nicht unser leibliches Kind sein. Es wird vermutlich ein Findelkind sein
> und wir wissen nichts über dessen Herkunft. Das Kind wird mindestens 12
> Monate alt sein (Voraussetzung in Kenia), vermutlich mangelernährt und ich
> kann keinen eigenen Namen für das Kind aussuchen. Alle diese Dinge, die mir
> vor einem Jahr noch als riesengrosse Hürden erschienen, haben sich im Laufe
> des Verfahrens in Luft aufgelöst. Ich weiß schon jetzt, dass ich dieses
> Kind von ganzem Herzen lieben werde und wir haben beide das Gefühl, dass
> dieser Weg genau der richtige Weg für uns ist. Ich hätte nie geglaubt, dass
> ich das einmal sagen werde, aber ich möchte momentan nicht schwanger
> werden.
> Ja, das mag für euch nun seltsam klingen, fast so wie: Oh, die beiden haben
> aber eine ordentliche Gehirnwäsche von „Eltern für Afrika“ bekommen! und
> wenn mir das einer vor zwei Jahren erzählt hätte, hätte ich das auch
> gesagt. Nein, bei „Eltern für Afrika“ wirst du knallhart mit der Realität
> konfrontiert, dass dieses Kind eben kein Traumkind sein kann und du musst
> diesen Weg wirklich von ganzem Herzen wollen.
> Dieser Wunsch ist bei uns so stark gewachsen und ich bin unendlich dankbar
> dafür, dass wir diesen Weg gefunden haben und ihn gemeinsam gehen dürfen.
>
> Momentan bleibt uns nur die Hoffnung, dass wir nun nächstes Jahr auch
> endlich unser Kind kennenlernen dürfen, aber es ist eine realistische
> Hoffnung und ich vertraue Gott, dass diese Hoffnung erfüllt wird!!
>
> So, nun mache ich wirklich Schluss!
> Ja, es ist ein langer Bericht geworden, aber ihr wolltet es ja wissen,
> selber schuld!!
>
> Ich grüsse euch ganz lieb!!
> Andrea

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