Re: Ärztemeinung zu NER

Geschrieben von Claudia am 7. April 2011, 15:56
Als Antwort auf: Ärztemeinung zu NER geschrieben von Cindy

Hi Cindy!

> lese ja hier immer mal mit, auch weil ich NER selber praktiziere und es
> toll finde, den Körper zu beobachten. In meinem Bekanntenkreis gibt es auch
> einige Mädels, die Probleme mit dem Schwangerwerden haben und denen habe
> ich teilweise was vom Temperaturmessen erzählt. So richtig bis ins Detail
> will sich da selten jemand vertiefen, aber sie denken meist, dass das nicht
> sooo hilfreich ist und erzählen dann von ihren Frauenärzten, die allesamt
> gesagt haben, solche Temperaturkurven sind die beste Verhütungsmethode.
> Sollen sie alles wegschmeissen und vergessen, so wird man nur verkrampft
> und kriegt kein Kind. Also noch kein Arzt hat jemals gesagt, dass das gut
> wäre mit dem Temperaturmessen und Zyklus beobachten.

Ich habe spontan zwei Gegenargumente:
(a) Wenn die Hochlage zu kurz ist, kannst du nicht schwanger werden. Außer Temperaturaufzeichnungen gibt es keine Möglichkeit, eine Gelbkörperschwäche zu entdecken. Die Ärztin kann Blut abnehmen, aber sie kann lediglich das Progesteron zu diesem Zeitpunkt bestimmen. Sie kann nicht sagen, ob der Gelbkörper ausdauernd genug ist, eine Schwangerschaft entstehen zu lassen.

(b) Es gibt immer wieder so lustige Leute, die glauben, dass man "in der Mitte" des Zyklus schwanger wird. Oder am 14. Tag. Bei 28-Tage-Zyklen mag das ja ungefähr hinkommen. Bei Frauen mit kürzeren oder längeren Zyklen stimmt das schon nicht mehr. Denn die fruchtbare Zeit ist Pi-mal-Daumen zwei Wochen vor der nächsten Regelblutung. Da ich im Vorhinein nicht die Zykluslänge kenne, weiß ich somit auch nicht, wo zwei-Wochen-vor-Zyklusende ist. Da gibt mir der Zervixschleim - in Kombination mit der Temperatur - wertvolle Anhaltspunkte.
Und die sind wichtig. Denn grad bei Kinderwunsch will man oft nicht mehr herzeln. Da beschränkt man sich auf das Nötigste und ist dankbar, wenn man nicht schon wieder "muss". Da ist man dankbar, wenn einem jemand sagt "ab sofort kannst du dich entspannen".
Okay, wenn jemand ohnedies jeden zweiten Tag Sex hat und es Spaß macht, okay, fein für dieses Paar. Nur leidet oft der Spaß.


Wenn man dann weiß, dass die Hochlage lang genug ist, der Temperaturverlauf hübsch ist (man kann aus der Temperatur manchmal auch einen Hinweis auf die Schilddrüse vermuten, und die legt sich bei Kinderwunsch manchmal quer!) und der Zervixschleim die beste Qualität aufweist, ja dann kann man sich überlegen, ob es einen mehr beruhigt weiterzubeobachten oder das Thermometer wegzuwerfen.
Der Nachteil beim Weggeben des Thermometers ist, dass ich bei einer Blutung nicht weiß, ob das eine Regelblutung ist oder eine Zwischenblutung. Es kann ja durchaus nach 28 Tagen eine Zwischenblutung auftreten. Und der Unterschied ist ja enorm: Eine Zwischenblutung kann Zervixschleim überdecken und fruchtbar sein!!!! Wenn ich diese Zwischenblutung nicht als solche erkenne, weiß ich überhaupt nicht mehr, wo ich im Zyklus stehe.
Naja, für die, die alle zwei Tage herzeln und Spaß dabei haben, ist das ja auch egal. Nur ist das wie gesagt die Minderheit.

Man kann nicht sagen, ob es jemanden erleichtert, weiterzumessen oder aufzuhören. Das ist etwas, das die Frau beziehungsweise das Paar selbst entscheidet. Aber sinnvoll ist das Aufhören jedenfalls erst dann, wenn ich weiß, dass der Zyklus in Ordnung ist.


Dass Ärzte Zyklusblätter ablehnen, ist für mich verständlich. Das kennen sie nur vom Hörensagen. Das kommt in der Ausbildung nicht (oder nur mangelhaft) vor.
Damit kennen sie sich nicht aus. Folglich kann das nichts Gescheites sein. Vor allem: Was kann denn wirklich besser sein als Hormone und Tabletten?!
(Ich hoffe, du liest aus den Zeilen heraus, dass das eindeutig nicht meine Meinung ist.)
In der Ausbildung lernen sie Operationsmethoden, Diagnoseverfahren, ... Hie und da kommt der Pharmareferent vorbei und erklärt ihnen ausführlichst die neuen Tabletten und lässt ihnen Ärztemuster da.
Und mal ganz ehrlich: Ist es nicht viel imposanter, jemandem den Bauch aufzuschnippseln, als dass man sich hinsetzt und mit jemandem ein Zyklusblatt durchgeht?
Außerdem lässt sich am Herumschnippseln mehr verdienen als am Zyklusblattauswerten. Allein schon deswegen müssen Tabletten und Operationen wichtiger und besser sein.
Deswegen ist ein Zyklusblatt einfach nichts, worüber man als Arzt nachdenkt. Ganz selten gibt es welche, die davon gehört haben. Und ganz selten findet man jemanden, der es gut findet und einen an kompetente Organisationen verweist.


Also: Ich verstehe den Unwillen der Ärzte. Aber es gibt halt diese zwei Punkte, an die ich nur mit einem Zyklusblatt heran komme: (a) die Länge der Hochlage, (b) die ungefähre Bestimmung der fruchtbaren Zeit (Schleimphase, Anstieg) [damit man die X entsprechend platzieren kann und auch wieder ohne schlechtes Gewissen damit aufhören darf.]

Ich hoffe, das unterstützt dich bei der nächsten Diskussion! :-)

Liebe Grüße aus dem sommerlichwarmen Wien (heute sind wir auf 26 Grad hinaufgeklettert!),
Claudia

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