Re: Re: Re: Laange Zyklen + Kinderwunsch

Geschrieben von Claudia am 1. Juni 2011, 11:28
Als Antwort auf: Re: Re: Laange Zyklen + Kinderwunsch geschrieben von Sandra

Liebe Sandra!

> Hormonwerte - letzte Werte vom August 2010 - habe ich im Geschäft als Fax -
> komme ich heute nicht ran. Die Werte waren aber (einige Monate vor unserem
> Sohn) wohl mit dem Östrogen im nicht-messbaren Bereich....lt. FA.

Östrogene und Progesteron muss man sich immer in Kombination mit dem Zyklusblatt anschauen. Östrogene entfalten ihre Hauptaktivität einige-Tage-vor bis kurz-nach der Ovulation. Bei einem 27-Tage-Zyklus wirst du also beispielsweise am 12. Tag so viel Östrogene haben, dass du drin baden kannst. Wenn du hingegen einen 78-Tage-Zyklus hast, dann war die Ovulation ungefähr 2 Wochen vor Zyklusende, also Pi-mal-Daumen um den 64. Tag herum. Wenn du da am 12. Tag Blut abnehmen warst, wirst du ein paar Staubreste Östrogene finden, aber mehr schon nicht.
Und das ist auch völlig in Ordnung so.
Wenn du ein Zyklusblatt führst, kannst du dir die Östrogenmessung übrigens ersparen. Das siehst du an deinem Zervixschleim, ob Östrogene vorhanden sind. Aber das schafft glaube ich niemand, den Wert aus dem Hormonstatus herauszunehmen. Das ist so wie wenn du ein HotDog ohne Senf möchtest. Das ist nahezu unmöglich. ;-))))


> Die jetzige Ärztin meinte: alles zu schleppend

Wie lange dein Körper für die Ovulation braucht, ist eine Frage für deine Geduld, beeinflusst aber nicht die Qualität. Wenn dein Körper dafür 50 Tage braucht: Warum nicht? Nur weil irgendwelche Leute in weißen Kitteln beschlossen haben, dass das in 14 Tagen erledigt sein muss, ist es das noch lange nicht. Dein Körper ist ein Individuum, kein Roboter. Und als solches darf er so lange brauchen, wie er dafür braucht.
Naja, und so lange du Geduld hast. ;-)))

Falls dir die Geduld knapp wird, ist wie gesagt Mönchspfeffer angesagt. Aber das ändert nichts an der Qualität. Deine Eizelle ist qualitativ genauso wertvoll, egal ob sie am 12. Tag im Rahmen der Ovulation freigesetzt wird oder erst am 85. Tag.


> Tja... Die zweite Zyklushälfte wurde mir trotz Anforderung nicht gefaxt.

Ich denke, dass du eigentlich das Recht auf deine eigenen Werte hast. Immerhin sind sie ja für dich bestimmt worden. Bleib hartnäckig!


> Ich hatte am Dienstag einen Fa-Termin - Zyklustag 58 - Eizelle bei 1,7 - sie
> meinte nach der Zeit meist nicht so ideal zum befruchten

Die Logik kann ich nicht nachvollziehen.
Hmmm. Wie kann ich das erklären ...
Stell dir vor, du kochst ein Kilo Erdäpfel/Kartoffeln. Das Ergebnis (nämlich: gekochte Erdäpfel) ist unabhängig davon, ob du sie in der Früh kochst, um 14:35 Uhr oder um 20:15 Uhr. Es dauert jedes Mal 22 Minuten, und sie sind nachher gekocht. Sie sind nicht in der Früh "besser" gekocht und am Abend "nicht so ideal". Sondern das Ergebnis sind jedes Mal gekochte Erdäpfel.
Und genauso ist es mit deiner Eizelle.
Dein Körper kann vielleicht in den ersten vier Wochen im Zyklus keinen weiteren Job gebrauchen: Er ist im Stress, und/oder du warst krank, er ist einfach nicht auf gleich. Irgendwann schafft er es wieder zurück in die Normalität. Und sobald er sich eine Schwangerschaft zutraut (das ist ja keine Nebensächlichkeit, zu der er sich da gerade bereiterklärt!), startet er mit der Aktion "Follikelreifung". Nun dauert es zehn(?) Tage [das ist jetzt eine willkürliche Zahl; ich habe keine Ahnung, wie lange sie tatsächlich dauert!], dann erfolgt die Ovulation, sprich der Follikel platzt auf und gibt die Eizelle frei, sodass sie befruchtet werden kann.
Und das ist vollkommen egal, ob es dir vorher gut gegangen ist und dein Körper diese Aktion bereits am 3. Zyklustag in Angriff genommen hat [und die Ovulation somit am 13. Tag war], oder ob du krank warst und er (diesbezüglich) pausiert hat und sich auf dein Gesundwerden konzentriert hat und erst am 57. Tag losgestartet ist und die Ovulation somit am 70. Tag war.
Da ist keine Eizelle, die in dir vor sich hingammelt. Oder schimmelt. Nein. Sobald dein Körper dazu bereit ist, nimmt er sich einen Haufen der verfügbaren Follikel und startet. Und ab diesem Zeitpunkt ist die Gesamtdauer dieselbe.
Was sich verschiebt, ist also der Startzeitpunkt der Follikelreifung.

Achtung: Der Zyklus beginnt - rein vom Logischen her - nicht mit der Regelblutung. Denn die Regelblutung ist lediglich das Entsorgen der überflüssigen Schleimhaut aus dem vorigen Zyklus. Die Regelblutung hat mit dem jetzigen Zyklus nichts zu tun. Es ist also vollkommen absurd, von der letzten Regelblutung weg zu rechnen.
Genau genommen müssten wir den Zyklusbeginn mit dem Beginn der Follikelreifung starten. Da wir den allerdings nicht an der Grünfärbung der Nase ablesen können (zum Glück! Ich will keine grüne Nase! ;-))) ) und uns kein vernünftiger anderer Wert einfällt, tragen wir als Zyklusbeginn das Zyklusende des vorigen Zyklus ein. Wie gesagt ist das Schwachsinn.
Aber bis uns etwas Besseres einfällt, bleiben wir dabei.

Nur bitte bei langen Zyklen immer dran denken: Die Regelblutung gehört nicht zu diesem Zyklus. Sie ist nicht der Zyklusanfang. Sie ist das vorige Zyklusende.
Und somit besteht auch kein vernünftiger Grund, den Abstand der Ovulation des nächsten Zyklus zum Ende des vorigen Zyklus zu berechnen und über die Größe dieser Zahl zu meckern.


> Sollte mit Utrogest die Regel auslösen

Utrogest ist Progesteron. Falls du in diesem Zyklus noch keine Ovulation hattest, zwingst du deinen Körper mit der Temperatur in die Hochlage, allerdings ohne dass er eine Ovualtion ablaufen lassen kann. Denn so weit war er ja noch nicht. Das hätte er vielleicht in ein oder zwei Tagen gemacht. So aber vergibst du die Chance in diesem Zyklus und kannst eine Hoffnung begraben.
Denn wie gesagt kannst du in diesem Zyklus dann nicht mehr schwanger werden.
Und hinterher - nach dem Utrogest - stehst du wieder in der Tieflage in derselben Situation wie vorher. Nur dass du den vorigen Zyklus einfach weggeschmissen hast.
Lange Zyklen erfordern Geduld. Und ja, ich weiß, Amazon hat Lieferengpässe bei Geduld. ;-) Aber ohne gehts nun mal nicht. Leider.
Und jedes Eingreifen macht die Sache nur noch länger. Denn die Blutung, die du nach Absetzen des Utrogest bekommst, ist eine Abbruchblutung. Also kein echtes Zyklusende. Natürlich beginnst du ein neues Zyklusblatt. Aber echter Zyklus war das keiner. Da hättest du die ganze Zeit über genauso gut die Pille nehmen können.
Und bitte Vorsicht: Progesteron kann den Zyklus ziemlich durcheinanderwürfeln. Wenn man das einfach irgendwann nimmt, kann es sein, dass der Körper hinterher verwirrt ist. Na klar: Das war ein Eingriff von außen, mit dem er nicht gerechnet hat, und den er jetzt einmal verdauen muss. Es kann sein, dass der/die folgenden Zyklen merkbar unruhiger sind.
Wenn also nicht eine medizinische Indikation besteht, sondern nur Langeweile oder Ungeduld der Ärztin, dann würde ich das dem Körper lieber ersparen.

Und ja, es gibt einen Grund, Progesteron zu geben, nämlich dann, wenn der Körper in Östrogenen untergeht. Also wenn du über Wochen hindurch Unmengen an Zervixschleim produzierst und in dir das Endometrium (Gebärmutterwand/Kinderzimmer) aufgebaut, aufgebaut, aufgebaut, aufgebaut, aufgebaut, aufgebaut, aufgebaut wird und der Körper da irgendwie in eine Sackgasse geraten ist. Dann kann man versuchen, ihn aus dieser Sackgasse herauszuholen und zumindest das Endometrium abbluten zu lassen (Kinderzimmerräumung) in der Hoffnung, dass er bei einem Neubeginn nicht wieder in der Sackgasse landet.
Dieser Fall - also über Wochen hindurch Unmengen an Östrogenen - ist aber extrem selten. Und da deine Östrogenwerte im Keller waren, gehe ich nicht davon aus, dass das bei dir eingetreten ist.
Daher würde ich das deinem Körper gerne ersparen.


> ich freue mich über jede Zeile und Info--- ich bin nicht gerade schüchtern,
> aber ich habe das Gefühl ich überfordere meine nette Ärztin mit den vielen
> Fragen und Feststellungen. Warscheinlich ist sie das nicht gewohnt ,-)

Ärzte lernen in der Ausbildung recht wenig über den normalen Zyklusablauf. Außerdem ist es ja weit interessanter und spannender, eine Bauchspiegelung (Operation) durchzuführen als mit der Patientin über Zervixschleim zu sprechen. Daher nimmt man vermutlich bereits im Studium die "spannenden" Teile besser auf und weiß daher recht wenig über die "trivialen" Dinge, die noch dazu nicht ausführlich besprochen werden.

Ich möchte hier Elisabeth Rötzer, die sehr engagierte Tochter von Dr. Joseph Rötzer, dem Gründer der Natürlichen Empfängnisregelung zitieren: "Es ist viel mehr normal als man glaubt."

Und hier im Forum ist Platz für all deine Fragen! Einfach her damit!

Liebe Grüße,
Claudia
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