Re: Windel ja/nein
Geschrieben von
Katharina am
28. August 2013, 22:43
Als Antwort auf: Windel ja/nein geschrieben von Nadle
Liebe Nadle!
Dank Marenka hab ich hier im Forum während meiner Schwangerschaft von windelfrei erfahren und sofort alles verschlungen, was es dazu zu lesen gab. Vor allem das Artgerecht-Blog lese ich bis heute ganz regelmäßig mit. Ich bin sehr froh und sehr dankbar, dass ich von all dem erfahren habe. Es fühlt sich alles so richtig an, so ganz und gar natürlich. Ich weiß nicht, wie ich es heute anders machen sollte.
Die seltenen Situationen, in denen sich Elias (inzwischen 14 Monate alt) einpullert und ich ihm die Windel nicht sofort wechseln kann (zum Beispiel beim Bahnfahren direkt vorm aussteigen), tun mir jedes Mal körperlich weh. Mal abgesehen von der Arbeitsbelastung, die durch (Teilzeit-) windelfrei ganz anders anders ist (seit 6 Monaten keine Kackewindeln mehr waschen und kein kackeverschmiertes Kind mehr reinigen müssen!), ist es einfach auch ein Menschenrecht, nicht in seinen Exkrementen sitzen zu müssen. Seit mir das bewusst geworden ist, kann ich hinter diese Erkenntnis nicht mehr zurück. - Ganz egal, ob es vielleicht auch mal Tage gibt, wo mir das alles zu anstrengend ist. Aber soll ich ihn in seiner Kacke und Pisse sitzen lassen, nur weil ich heute einen schlechten Tag hab? Das macht kein Mensch mit seinem Hund oder seiner Katze. Oder mit seinen alten (Groß-) Eltern. Wer also gibt mir das Recht, sowas mit meinem hilflosen Säugling zu tun, der komplett darauf angewiesen ist, dass ich gut zu ihm bin?
Und ganz ähnlich verhält es sich auch mit allem anderen. Babys brauchen ja nicht viel, wenn sie auf die Welt kommen: Nähe, Wärme, Nahrung, etwas Hygiene, Schlaf. Und all das kann man ihnen am besten geben, wenn man sie ununterbrochen bei sich hat. Tagsüber im Tragetuch oder einer anderen Tragehilfe, nachts an sich gekuschelt im eigenen Bett. So haben sie rund um die Uhr den Körperkontakt zu ihren Eltern, können jederzeit an Mamas Brust, wenn sie Hunger haben und können jederzeit gesehen/gehört/verstanden werden, wenn sie sagen, dass sie aufs Klo müssen.
Ich halte überhaupt nichts von dem Ausdruck "verwöhnen". Man kann ein Baby nicht verwöhnen. Man kann ihm nur seine Bedürfnisse erfüllen, oder es lassen. Aber ein Baby fordert niemals mehr, als es braucht. (Okay, einmal hat Elias sich überfressen. Da war er etwa 10 Tage alt. Da hat er nach dem Stillen direkt noch eine zweite komplette Stillmahlzeit getrunken. Danach hat er eine Stunde lang geweint, weil ihm der Bauch so weh tat. Seitdem hat er nie wieder mehr von etwas verlangt, als er brauchte.) Ein Baby hört auf zu essen/ trinken, wenn es satt ist. Es sucht Abstand, wenn es genug Nähe hat. Es sucht Schlaf, wenn es genug erlebt hat. Es wird wach, wenn es genug geschlafen hat. Es sagt, dass es aufs Klo muss, wenn es genug verdaut hat. Es sagt, dass es fertig ist mit Klo, wenn es genug ausgeschieden hat. Es sagt, dass es genug Trost hat, wenn es nach einem Kummer genug beruhigt wurde. Kurzum: Babys fordern von allem nur genau so viel, wie sie tatsächlich brauchen. Und wenn ein Baby sagt, dass es lieber an die Eltern gekuschelt schlafen möchte, als mutterseelenallein in Einzelhaft gesperrt zu werden (während die Eltern sich beim schlafen aneinander kuscheln dürfen), dann heißt das einfach nur, dass das Baby eben Nähe braucht.
Ich kann dir (und allen anderen Schwangeren) sehr empfehlen, sich weiter in dieses Thema zu vertiefen. Denn wenn man erstmal damit anfängt, dann öffnen sich im Kopf haufenweise Fenster und man hat ein Aha-Erlebnis nach dem anderen. Wir leben in einer Welt, wo uns wahnsinnig viel suggeriert wird, was wir angeblich brauchen und kaufen müssen und welche Egoismen mir dringend bedienen müssen. Dabei entfernen wir uns immer mehr von dem, was wir eigentlich wirklich brauchen und was wichtig für unsere seelische Gesundheit ist. Nämlich all die Dinge, die uns helfen, ganz natürlich zu leben und unseren Instinkten zu folgen.
NER ist ein schönes Beispiel dafür, dass die Natur viel schlauer ist, als einem die Ärzte und die Pharmaindustrie gern verkaufen würden. "windelfrei" zeigt uns, dass die Natur schlauer ist, als es die Windelindustrie gern hätte. Und die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
Und um dich nicht allzusehr zu erschrecken: wir praktizieren "windelfrei" fast seit Elias' Geburt (mit 3 1/2 Wochen haben wir begonnen). Trotzdem trägt er fast immer eine Stoffwindel oder Vergleichbares als Einlage. Um unsere Nerven zu schonen.
Aber einen Kinderwagen oder Buggy haben wir bis heute nicht angeschafft. Ein paar Mal haben wir schon überlegt, ob es vielleicht demnächst nötig werden könnte. Aber bislang war "kein Kinderwagen" noch immer die unkompliziertere, praktischere, nervenschonendere, kuscheligere und damit auch natürlichere Variante.
Ein Kinderbett hat er auch noch nicht. Das schaffen wir dann an, wenn sich abzeichnet, dass er tatsächlich lieber in einem eigenen Bett schlafen möchte. (Momentan kann ich mir vorstellen, dass er irgendwann zusammen mit seinem Geschwisterchen gemeinsam aus unserem Bett auszieht und die beiden dann ein gemeinsames Kinderbett eröffnen. Aber das ist Zukunftsmusik, denn das Geschwisterchen wollen wir erst ab Herbst anfangen zu basteln.) Momentan fiele mir jedenfalls nicht im Traume ein, ihn auszuquartieren. Das hätte nämlich auch zur Folge, dass ich für jedes Stillen aufstehen müsste, ins Nebenzimmer gehen, dann da rumsitzen bis er fertig getrunken hat und ich erfroren bin, ihn dann wieder in den Schlaf kuscheln und dann zurück in mein Bett wanken. - Nee, danke, in diesem Punkt bin ICH verwöhnt: ich liege nachts gern unter meiner warmen Decke und drehe mich einfach nur auf die Seite, wenn mein Kind mich braucht. Dann kann ich bald wieder einschlafen, muss nicht frieren und muss nicht ganz so viel von meinem kostbaren Nachtschlaf hergeben. (Klingt nicht nach "verwöhnt", sondern nach einem ziemlich grundlegenden menschlichen Bedürfnis? Hm, finde ich auch. ;-) )
Liebe Grüße und weiterhin viel Spaß bei der Lektüre! Und wenn du weitere Fragen hast, dann frag! :-)
Katharina :-)
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