Re: Nachtrag (wieder lang)
Geschrieben von Claudia am 25. Jänner 2013, 07:18
Als Antwort auf: Nachtrag (wieder lang) geschrieben von Momo

Liebe Momo!

> Wir sind eine Gruppe von 4 Frauen, die wir uns häufig treffen und ganz viel
> gemeinsam unternehmen. Zwei davon sind nun wieder schwanger, relativ
> zeitgleich, die dritte hat vor wenigen Wochen eine Fehlgeburt gehabt. Angst
> habe ich nun vor dem Tag, an dem sie auch schwanger ist. Dann gehöre ich
> emotional irgendwie nicht mehr dazu. Versteht ihr was ich meine?

Ich verstehe sehr gut, was du meinst.
Aber ich möchte dir auch die Sicht von außen geben: Schwanger werden ist keine olympische Disziplin, in der man etwas leisten muss. Schwanger zu werden ist ein Geschenk - ein Geschenk der Natur, von Gott, vom Schicksal, oder wie auch immer du es nennen möchtest. Das ist nichts, worin man konkurrieren sollte oder darf. Und es wird auch keine vernünftige Frau sagen: "Ätsch, ich bin schwanger und du nicht." Von deinen Freundinnen wird das sicher keine sagen.

Ob die letzte "Unschwangere" von euch dazu gehört, hängt von der Gruppe ab und von derjenigen Frau: (a) Schauen die drei Schwangeren auf die Letzte herunter, weil sie nicht schwanger ist? (b) Lässt die Vierte bei sich selbst das Gefühl zu, dass sie versagt hat?
Punkt (a) kann ich mir nicht vorstellen. Denn solche Leute sucht man sich nicht als Freundinnen aus.
Somit bleibt Punkt (b). Und hier ist neutral betrachtet ganz klar, dass man bei Geschenken, die man unverhofft bekommt, keinem Leistungsdruck erliegen darf. Schwanger werden ist keine olympische Disziplin. Und somit kann es hier keine Gewinner geben und auch keine Verlierer.

Hmmm. Was hältst du davon, wenn du genau deine Gedanken in eurer Runde besprichst? Es besteht doch immerhin eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die zweite Nicht-Schwangere sich genau denselben Gedanken hingibt. Wenn du zumindest mit ihr darüber redest und ihr einander versichert, dass ihr da keinen Bewerb draus macht, vielleicht könnt ihr das gemeinsam so hinbekommen, dass die Vierte sich nicht als Letzte fühlt?


> Reicht es nicht einmal zu beweisen, dass man stark ist? Muss man das immer
> wieder zeigen? Kann nicht einfach mal alles nach Plan laufen, einfach und
> unkompliziert?

Liebe Momo, in unserer Welt ist nichts einfach und unkompliziert. ;-) Ich bin in der EDV tätig, in einem Männerberuf. Man sollte meinen, dass das heute eigentlich kein Thema mehr ist. Manchmal läuft das auch wochenlang oder monatelang wunderbar. Und wenn ich dann quietschvergnügt bin und mich überhaupt nicht dagegen gewappnet habe, kommt wieder mal ein Anruf von jemandem: "Ich möchte mit Ihrem Mann sprechen. Nein, Sie können mir nicht helfen. Es hat nämlich zu tun mit meinem Koooooohmpjuuuuuuuteeer." (So als würde man mir dummer Frau das Wort "Computer" buchstabieren müssen.)
Solche Angriffe kommen aus heiterem Himmerl, ohne Anlass, einfach weil die Leute nicht nachdenken. Es ist doch einfach logisch, dass der Mann sich mit dem Zeug auskennt und die Frau die Sekretärin ist.
Das nagt dann immer wochenlang an mir. Der Anrufer merkt vermutlich nicht einmal, wie sehr er mich verletzt hat. Es fällt ihm vermutlich nicht einmal auf, wie beleidigend er war - selbst dann nicht, wenn ich ihm am Telefon in wenigen Minuten sein Problem gelöst habe. Aber ich grüble dann wochenlang drüber.
(Neutral betrachtet kann ich überhaupt nichts dafür. Aber es lässt mich trotzdem nicht los.)

Du siehst: In unserem Leben ist nichts einfach und unkompliziert. ;-)


Ich denke, es ist ganz wichtig, dass die Vierte bei euch nicht "die Letzte" ist. Das darf keine Reihung sein. Schwanger werden ist wie gesagt keine olympische Disziplin, kein Wettbewerb, sondern ein Geschenk. Somit gibt es keine "Rangordnung" oder "Reihenfolge". Somit kann auch keine "die Letzte" sein.
Vielleicht findet ihr etwas, das für euch alle wichtig wird und euch vom Thema ablenkt. Macht ein anderes Thema zu eurem zentralen Thema. Vielleicht ein ganz banales Beispiel: Ihr macht euch einen Buchstaben aus, beispielsweise B. Und dann sucht jede bis zum nächsten Treffen nach Straßen, die mit diesem Buchstaben beginnen. Wer die meisten Straßen gefunden hat, bekommt einen Punkt. Und dann mit einem anderen Buchstaben bis zum wiederum nächsten Treffen.
Das Schwangersein darf nicht euer zentrales, einziges, wesentliches Thema sein. Es darf euch nicht beherrschen. Sucht etwas anders, zum Beispiel so ein Spiel, das ihr ganz bewusst als Mittelpunkt definiert. Ihr wetteifert darüber und könnt auch zwischendurch am Telefon den Zwischenstand austauschen.
Helmuth und ich haben einmal beim Joggen - das muss wohl im Jänner gewesen sein - die Christbäume gezählt. Bei uns werden die abgeräumten Christbäume vor die Haustüre gelegt und an einem zuvor bekanntgegebenen Zeitpunkt abgeholt. Das war natürlich von keinem beeinflussbar, ob auf meiner (der rechten) Seite mehr Christbäume sind als auf seiner (der linken) Seite. Aber man kann ein Spiel draus machen und sich damit vom anstrengenden Laufen ablenken. :-)

Ganz liebe Grüße,
Claudia
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