Re: Re: Re: doch kein Temp.-Anstieg!

Geschrieben von Katharina am 8. Jänner 2013, 19:20
Als Antwort auf: Re: Re: doch kein Temp.-Anstieg! geschrieben von Simone

Liebe Simone,

> Ich denk dass er sich da schon öfter Sorgen macht dass er den Kids nicht
> das Leben bieten kann das er gern möchte. Aber ich seh das anders. Ich bin
> der Meinung wo es 2 Kindern echt gut geht, da ist auch genug für ein
> drittes da.

Dieses "den Kindern was bieten müssen" ist ein total verbreiteter Gedanke und ich frage mich immer, woher das kommt. Bei deinem Mann ist der Mangel in der eigenen Kindheit sicher eine gute Erklärung. Aber da muss noch mehr dahinter stecken. Denn jetzt habt ihr ja einen deutlich höheren Lebensstandard, als er das als Kind hatte. Und er ist ja nicht der einzige, der so denkt. Ich höre dieses Argument sogar öfter mal als Begründung, lieber jetzt noch keine Kinder haben zu wollen bzw. sich Kinder "nicht leisten" zu können. Mich befremdet das immer wieder, denn eigentlich brauchen Kinder nicht so wahnsinnig viel. Sie kriegen nur immer so viel, dass Außenstehende anscheinend denken, die Kinder würden das auch alles brauchen.
Bekannte von uns haben für ihr 8 Monate altes Baby bereits zwei Bobbycars. Nicht etwa, weil sie finden, dass ihr Baby dringend zwei Bobbycars braucht, sondern einfach, weil die liebe Verwandtschaft beim besten Willen nicht glauben wollte, dass das Kind mit dem alten Bobbycar vom Papa, das noch bei den Großeltern auf dem Dachboden stand, völlig hinreichend versorgt ist. Nun kann ein Kind im Zweifelsfall auch ohne Bobbycar eine glückliche Kindheit haben. Aber wenn jetzt jemand Kinderloses mitkriegt, dass dieses Kind zwei Bobbycars hat, dann fragt er sich natürlich, ob er das seinem eigenen Kind später mal wird bieten können.
Und diese Fixierung aufs Materielle geht dann ja weiter: neue statt gebrauchte Klamotten, Berge von Spielzeug statt einiger weniger Lieblingsspielzeuge, Plaste-Ramsch-Spielzeug statt haltbarer Dinge, Markenklamotten statt normaler Sachen, eigener Fernseher/ Computer etc im Kinderzimmer statt ein Familiengerät für alle und so weiter, und so fort.
Klar gibt es auch Dinge, die sinnvoll sind und die man seinem Kind gern ermöglichen möchte. Sowas wie Sportverein/ Musikschule etc. Und leider leben wir tatsächlich in einer Gesellschaft, in der es Menschen gibt, die ihren Kindern diese Dinge trotz großer Anstrengung nicht ermöglichen können. Aber auch da kann man dann Paten/ Großeltern etc. fragen, ob jemand das Kind unterstützen würde.
Ich selbst komme aus einer nicht wahnsinnig reichen, aber auch nicht wahnsinnig armen Familie mit 3 Geschwistern. Das heißt: auch bei uns war das Geld manchmal knapp. Aber wir haben eben Klamotten anderer Kinder aufgetragen (das waren meistens tolle Sachen), hatten weniges, aber uns sehr wertvolles Spielzeug und haben unseren Instrumentalunterricht teilweise von unseren Paten geschenkt bekommen. Dafür gabs dann eben zu Geburtstag und Weihnachten nicht noch ein Geschenk. Aber bei der Masse an Geschenken, die bei 4 Kindern so zusammenkommen, fiel das ohnehin nicht ins Gewicht. Und wir hatten niemals 10 Päckchen.
Aber wer braucht schon 10 Päckchen? Eltern, die Zeit haben, denen das Kind vertrauen kann und bei denen es sich geborgen fühlen kann, sind meiner Ansicht nach für die Entwicklung des Kindes um Welten wichtiger als diese materiellen Dinge. Von daher würde ich deinen Mann ja eher noch ermutigen wollen weniger zu arbeiten. Denn was nützen all die Schätze, wenn das Baby dann mit 7 Monaten anfängt zu fremdeln und plötzlich auch vorm eigenen Vater Angst hat, weil der immer erst von der Arbeit nach Hause kommt, wenn das Baby fast schon schläft?
Mein Papa hat in zweiter Ehe nochmal eine Tochter und einen Sohn im Abstand von 13 Monaten bekommen. Aufgrund seines Berufs hat er sein Büro daheim und aufgrund seiner beruflichen Anforderungen hat er täglich viele, viele Stunden im Arbeitszimmer zu tun gehabt. Theoretisch viel näher an seinen Kindern dran als andere Väter, aber in der Praxis kam es dann trotzdem zu dieser Szene: mein Stiefmütterchen guckte ins Kinderzimmer, was die beiden Kleinen (damals vielleicht 2 und 3 Jahre alt) grad machen und wurde von den Kindern aufgeklärt: "Wir spielen Mutter-Vater-Kind." Aha, und wer ist das Kind? "Susi" (die ältere von beiden) und wer ist die Mutter? "Micha" Aha, und wo ist der Vater? "Der ist im Arbeitszimmer." - Zu deutsch: den brauchen wir für das Spiel nicht, der ist eh unsichtbar. Ich fand das ganz schön erschreckend. Und ich wünsche mir sehr, dass meine Kinder später mal keinen Grund haben, so zu spielen.
Sehr lange Rede, sehr kurzer Sinn: in unserer Gesellschaft wird sich noch einiges ändern müssen, bis Männer von diesem krassen Versorgungsgedanken wegkommen.

> Und in der heutigen Zeit ist es kaum mehr üblich dass eine Frau
> über Jahre hinweg bei den Kindern zuhause bleibt und nichts zum
> Haushaltseinkommen beitragen braucht.

Das kommt ja noch dazu. Und vielleicht ist ja allen geholfen, wenn du arbeiten gehst (es muss ja nicht zwingend Vollzeit sein, wenn das in deinem Job möglich ist und du dich damit wohlfühlst), aber dein Mann dafür auch ein paar Stunden reduziert.
Heimlich träume ich ja von einer 30-Stunden-Gesellschaft: täglich 6 Stunden Arbeit für alle. Niemand wäre mehr arbeitslos, niemand käme mehr völlig ausgebrannt von der Arbeit und alle hätten genug Zeit für ihre Kinder oder auch für die Pflege ihrer alten Eltern. Das fände ich toll. Aber leider müsste sich dazu wirklich Gravierendes ändern. In meinem Job zum Beispiel (ich arbeite in der Kultur) würde das einen fundamentalen Umsturz der gesamten öffentlichen Kunstförderung bedeuten. Auch sämtliche Geschäftsführungsjobs müssten komplett neu gedacht werden. Und mit ihnen sämtliche Hierarchieebenen darunter. Am ehesten ließe sich das wohl in Bereichen verwirklichen, wo jetzt schon in Schichten gearbeitet wird und auch Teilzeitarbeit nicht so unüblich ist. Aber in anderen Bereichen würde das einer Revolution gleichkommen. - Einer Revolution für mehr Lebensqualität...

> wenn man im Bekanntenkreis so mitkriegt
> dass es Kinder gibt die haben zu WEihnachten 10 Päckchen bekommen (mit
> einem GEsamtwert von mehreren Hundert Euro) - das find ich ohnehin
> übertrieben und hab ich bei meinen Kids gleich eingestellt.

Oh ja. Und das geht ja weiter: bei mir an der Schule haben zahlreiche Kinder zum Abi ihren Führerschein oder sogar ein Auto von den Eltern bekommen. Das hat mich geschockt ohne Ende. Denn abgesehen davon, dass es total absurd ist, so teure Geschenke zu machen, lernen die Kinder dabei ja auch etwas ganz entscheidendes im Leben NICHT. Nämlich, dass die Dinge einen Wert haben. Wenn alles im Überfluss da ist, entwertet das jedes einzelne Ding. Dann übersättigt man und lernt gar nicht erst, sowas wie Vorfreude zu entwickeln. Und dann muss der Kick halt anderswo herkommen. Ich bin überzeugt davon, dass diese Art der Erziehung für Kinder richtig schädlich ist und auch mit ein Grund ist für die Probleme mit ausufernden Wirtschafts- und Bankensystemen, unter denen derzeit Europa und Amerika leiden. Sowas wie Bescheidenheit und Beschränkung ist eine Erfahrung, die zum Leben dazu gehören sollte, finde ich.

> Aber er hat ja auch gute TAge, wo er sich so wie ich noch ein Baby wünscht
> und ich hoff einfach dass wir irgenwann einen dieser TAge erwischen und es
> klappt.

So, jetzt bin ich aber seeeeehr weit abgeschweift. Eigentlich will ich dir und deinem Mann nur Mut machen: Wo Eltern sind, die ihr Kind lieben, kann es dem Kind gar nicht an so viel fehlen. Und wo zwei Kinder in Liebe aufwachsen, ist ganz gewiss noch Raum für ein weiteres. Ich wünsche dir sehr, dass dein Mann ganz viele von den guten Tagen hat und ihr ganz bald (bzw. eben erst im Februar) den Grundstein für deine Verkugelung legen könnt. :-)

Liebe Grüße,
Katharina :-)
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