Re: FA und seine Kritik an NER

Geschrieben von Claudia am 6. Mai 2011, 11:09
Als Antwort auf: FA und seine Kritik an NER geschrieben von Ela

Liebe Ela!

Der Anfang deines Postings ist sehr schön: Der Arzt nimmt sich Zeit, er hält nichts von Clomifen (als Ersatz dafür, dass ihm nichts anderes einfällt), ein dreiviertel Jahr Kinderwunsch ist normal, und auch die Reihenfolge der Untersuchungen ist richtig: Zuerst die "leichten" Untersuchungen (Untersuchung bei der Frau, Spermiogramm, Hormonstatus) und dann erst Eileiterröntgen oder Bauchspiegelung.


Hier kommt meine erste Kritik:

> Den Vorschlag meiner bisherigen Frauenärztin, mit Clomifen zu "behandeln",
> hält er auch für Quatsch. Denn ich hätte ja einen Eisprung und die Werte
> sind gut, wozu soll man da den Eisprung anregen, außerdem wirkt es negativ
> auf die Gebärmutterschleimhaut.

Die Ovulation kann er nicht nachweisen mit Ausnahme von zwei Situationen: (a) Er operiert dich und schaut gerade dabei zu, (b) du bist schwanger. Andere Möglichkeiten hat er nicht, die Ovulation nachzuweisen.
Aber da der Zyklusverlauf hübsch ist, gehen wir davon aus, dass bei dir - so wie bei allen Frauen - in den meisten Zyklen eine Ovulation stattfindet.
(Auch bei gesunden Frauen findet nicht in 100% aller Zyklen eine Ovulation statt, sondern hie und da platzt der Follikel nicht, oder er ist leer, oder die Eizelle kann nach dem Platzen nicht heraus. Aber das sind alles Fälle, die zwar auftreten, aber eher selten.)

Zu Clomifen muss man noch dazusagen, dass es den Zervixschleim verschlechtert. Die kleinen Jägerchen können also in dir nicht so schön konserviert werden, und sie werden durch die schlechte Qualität auch am Vorwärtskommen gehindert.
Falls du also einen normalen Zyklusablauf hast - wovon ich nach deinem Zyklusblatt ausgehe -, dann verschlechterst du die Situation mit Clomifen drastisch.


> Dann wär der nächste Schritt zu schauen, ob die Eileiter durchgängig sind.
> Wenn nein, kann man die durchgängig machen.

Neue Kritik: Hier hat er zu viel versprochen. Man kann versuchen, sie durchgängig zu machen, Wenn sie durch Stress verkampft sind, liegt die Durchgängigkeit natürlich an dir. Wenn die Eileiter verklebt sind, kann er sie vielleicht durchgängig machen - Betonung auf "vielleicht". Wenn sie komplett verwachsen sind, kann es sein, dass er aufgeben muss, zumindest diesen einen Eileiter.




> Jetzt zu seiner Kritik an der NER:
> (Ich bin mir nicht sicher, ob er die Methode so ganz verstanden hat)
>
> Temperaturmessen, das wär eine Methode aus den 50er Jahren! Das Problem
> sei, dass man erst hinterher die fruchtbaren Tage bestimmen kann, denn der
> Eisprung errechnet sich von Zyklusende nach vorne;

Der gute Mann hat vom Kapitel "Geschichte der NER" lediglich die erste von hundert Seiten gelesen und dann das Buch weggelegt.

Historisch gesehen war es so, dass man erfreulicherweise irgendwann draufgekommen ist, dass die Ovulation nicht "irgendwann" im Zyklus stattfindet und auch nicht in der "Mitte", sondern ziemlich konstant zwei Wochen vor dem Zyklusende. Zeitlich waren das ungefähr die Zwanziger-Jahre, und die herausragenden Namen waren Knaus (der übrigens ein Österreicher war!) und Ogino (aus Japan).

(Hier ungefähr hat dein Arzt das Buch weggelegt.)

Der nächste spannende Schritt war die Temperatur. Der erste, der nachgewiesenermaßen den Temperaturverlauf zur Zyklusbeobachtung und Empfängnisregelung verwertet hat, war Hillebrand. Damit sind wir in den Dreißiger-Jahren angelangt. Auf den Temperatur-Zug sind dann einige andere ebenfalls aufgesprungen und haben dazu mehr oder weniger Erkenntnisse beigesteuert. Wesentlich war hier Holt in den Fünfziger-Jahren, der die Idee mit 6 niedrigen Messungen und anschließend 3 höhere Messungen ins Spiel gebracht hat. (Er hat allerdings keine Temperaturdifferenz von 0,2 dabei gehabt und auch keinerlei Beobachtung von Zervixschleim. Das kommt alles erst später.)

Der Zervixschleim war bereits im 19. Jahrhundert bekannt und auch seine Bedeutung für die kleinen Jägerchen. Auch im 20. Jahrhundert ist diesbezüglich weiter geforscht worden, und es sind Qualitätsunterschiede festgestellt worden.

In den Fünfziger-Jahren ist dann die Idee entstanden, Schleim und Temperatur zu beobachten. Ausgewertet worden ist allerdings nur die Temperatur.

Rötzer hat dann in den Sechzigern die erste symptothermale Methode vorgestellt, bei der wirklich Schleim und Temperatur gemeinsam ausgewertet werden. Mit Anpassungen ist das im Wesentlichen die Methode, die wir heute kennen.

Wie wir alle wissen, zählen wir nicht am Ende des Zyklus zurück; sondern wir werten während des Zyklus aus. Natürlich wissen wir nicht im Voraus, welcher Tag der Höhepunkt sein wird. Vielleicht tritt ja morgen noch einmal schönes EW auf. Aber wir können jeden Tag im Zyklus angeben, wo wir ungefähr stehen: Am Anfang des Zyklus, oder am Beginn der spannenden Zeit, in der hochspannenden Zeit (mit glasklarem und dehnbarem Zervixschleim), oder in der absolut unfruchtbaren Zeit. Die gleichzeitige Beobachtung und Auswertung von Zervixschleim und Temperatur lässt uns das Zyklusgeschehen in unserem Körper miterleben.


> LH-Tests seien da besser, weil man da vorher weiß, dass ein Eisprung
> bevorsteht.

Bei manchen Zyklen und in manchen Situationen gebe ich ihm Recht. Beispielsweise bei einer Fernbeziehung, wo man dieses Monat nicht vergeuden möchte und das Bahnticket möglichst für den richtigen Tag kaufen möchte (weil man eben nicht jeden Tag 300km hin und retour fahren möchte/kann), ist das sicher sinnvoll. Bei längeren Zyklen ist es mit Sicherheit teuer. Ich habe schon Zyklusblätter gesehen, in denen tagelang LH negativ getestet worden ist, und ein paar Tage nach Aufhören der Tests war dann endlich die S-Phase mit anschließendem Anstieg.
Und schlussendlich muss man selbst wissen, ob es einen entspannt oder Stress verursacht, wenn man weiß, dass man heute noch ein X produzieren muss. Bei wunderschönem Zervixschleim und einem guten Spermiogramm genügt es, wenn man alle paar Tage ein paar Jungs nachliefert, ohne Stress. Einfach so, dass halt während der S-Phase immer ein gewisser Vorrat im Körper ist für das große Event.
Aber das muss wie gesagt jedes Paar für sich selbst entscheiden. Es hat halt Vor- und Nachteile.


> Mit Zyklusmonitoring, also Ultraschall und Blut, lässe sich dann nachweisen,
> ob ei Eisprung stattgefunden hat.
> [Mein zynischer Gedanke dazu: Klar - an dem Zyklusmonitoring verdient er ja
> auch! :D Aber ob ich ständig Blut abgezapft haben will und eine Peniskamera
> in mir drin haben will?
> Klar, mit dem LH hat er recht - natürlich ist es besser zu wissen, dass
> etwas gleich passiert als hinterher zu wissen, dass etwas passieren kann.]

Deine Gedanken kann ich nur unterstreichen!
Und zum achtundvierzigsten Mal (für ihn, nicht für dich; denn du hast es ja schon verstanden): Man kann die Ovulation nicht nachweisen. Es kann durchaus einer dieser Sonderfälle sein, sodass alles ganz normal aussieht, aber de facto keine Ovulation stattgefunden hat.
Was er wirklich im Blut nachweisen kann, ist - aber erst nach etlichen Tagen - eine Schwangerschaft. Wenn er also beispielsweise erst eine Woche nachher ein Blutbild macht, müsste er das beta-hcg eigentlich schon nachweisen können.
Okay, damit hätte er die Ovulation nachgewiesen. ;-))))
Aber ich denke, das war nicht das, was er gemeint hat.
Er wollte wohl einfach nur das Progesteron testen, und das siehst du ja im Zyklusblatt ganz eindeutig durch die höhere Temperatur. Dazu muss er dich nicht pieksen und ein Labor beschäftigen. (... und dran verdienen)


> Dann kam noch die seltsame Aussage, dass der Eisprung IMMER 14 Tage vor
> Zyklusende passieren würde. Und DA frag ich mich halt, ob er NER wirklich
> verstanden hat. Ich wollt nicht streiten, aber ich hab Zyklen, in denen ich
> auch LH getestet hat und der Eisprung war NICHT 14 Tage vorher, sondern es
> war also erwiesenermaßen kürzer. Also DIE Aussage stimmt wirklich nicht
> Ich hab dann gedacht, ja ja, red du nur.

Da hast du komplett Recht. Er hat keine Ahnung. Die Ovulation (falls sie stattfindet, siehe oben) ist zu suchen im Bereich 12-16 Tage vor der nächsten Regelblutung. Selten im Bereich 11-17 Tage. Natürlich ist da sein zurückgerechneter 14. Tag auch drinnen. Aber da sind halt auch eine Menge anderer Tage dabei.
Dazu kommt, dass es Frauen mit Gelbkörperzysten gibt, bei denen der Gelbkörper einfach viel länger vor sich hin lebt und die Temperatur oben hält. Damit verlängert sich in diesem Zyklus - ausnahmsweise! - die Hochlage.
Und es gibt Frauen mit zu kurzer Hochlage. Da weist der Gelbkörper nicht die nötige Ausdauer auf. Auch hier ist "minus 14" eindeutig falsch.
Aber auch bei der "idealen gesunden Frau" ist die Ovulation nicht 14 Tage vor der Menstruation, sondern 11-17 Tage davor.

Er sollte einfach mal die restlichen 99 Seiten seines Buches lesen. ;-)


> Er hat uns dann noch den Rat gegeben, etwas früher im Zyklus mit dem X
> anzufangen.

Moment, ich schau mal zu deinem Zyklus. Die, die da sind, sind gut. Ein zusätzliches X - als Ergänzung - am 10. Tag wäre fein gewesen. Aber das sieht man halt leider wirklich nur im Nachhinein. Da kann man natürlich im Nachhinein leicht kritisieren.
Wenn ich mir aber drei X vorstelle, nämlich am 10. Tag, und dann deine beiden am 12. und 15. Tag, und ich müsste eines davon streichen, dann wären mir deine beiden die wichtigsten. Das dritte am 10. Tag wäre nur eine Ergänzung, sicherheitshalber. Man weiß ja nicht, wo die Ovulation ist/war. Bei den grünen Nummern um den Höhepunkt herum siehst du, dass in diesem Zyklus die Ovulation schon am 11. Tag in der Früh gewesen sein kann. Dort ist noch kein X. Diesen Bereich hättest du mit einem X am 10. Tag abgedeckt. Aber erstens weiß man das wie gesagt im Vorhinein nicht, und zweitens ist ab dem 12. Tag immer ein Vorrat da.
Im nächsten Zyklus früher anfangen ist sicher kein Fehler. Aber ihr müsst euch jetzt nicht die Haare raufen, dass ihr es in diesem Zyklus nicht getan habt. Es ist ja auch immer die Frage, ob man gerade mag, kann, will, Lust hat und er Partner überhaupt da ist.
Also einfach ein grundsätzliches "früher anfangen" im Kopf behalten.

Liebe Grüße,
Claudia
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